Marburger Sportvereine während der Corona-Krise – Was macht der BC Marburg?
Das Coronavirus stellt uns in fast allen Lebensbereichen vor Herausforderungen und schränkt unser normales Leben noch immer enorm ein. Als das Robert-Koch-Institut das Risiko der COVID-19-Pandemie für die Bevölkerung in Deutschland Mitte März als zu hoch bewertete, erlebte das Land einen partiellen Shutdown. Das öffentliche Leben stand still. Neben Restaurants, Geschäften und Schulen mussten auch Sportvereine ihr Angebot einstellen. Für Marburg als Sportstadt mit 139 Sportvereinen, die insgesamt über 24.000 Mitglieder haben, bedeutete dies, dass viele Menschen ihrem Hobby nicht mehr nachgehen konnten.
Einer der bekanntesten und traditionsreichsten dieser 139 Vereine ist der BC Marburg mit den Blue Dolphins als 1. Damen-Basketball-Bundesligamannschaft (DBBL). Ab kommender Saison wird der BC zudem in der 2. Bundesliga spielen und kann so im Frauen-Leistungsbereich eigene Mannschaften in der 1. und 2. Bundesliga, der Regionalliga sowie der WNBL als Nachwuchsbundesliga stellen. „Das ist bundesweit einzigartig.“, verrät Vereinspräsident Oliver Pohland.
Auch das Vereinsleben erlebte Mitte März einen Shutdown
Wie erlebte der Bundesliga-Verein die vergangenen Wochen? Trotz der geballten Erfahrung, die sich im Verein im Vorstand, der Geschäftsstelle, bei den Trainer*innen und Spieler*innen findet, standen am 12. März 2020 alle vor einer ungewohnten Situation: Der Hessische Basketball Verband stellte den Spielbetrieb coronabedingt ein und auch das letzte reguläre Saisonspiel der 1. DBBL wurde abgesagt. „Das abrupte Saisonende war für viele unserer Mannschaften ganz bitter.“, unterstreicht Christine Hellkötter, die sportliche Leiterin des Vereins, und verweist insbesondere auf die weibliche U16-Oberligamannschaft, die unmittelbar vor den Hessenmeisterschaften stand, sowie auf das Damenoberligateam, welches das entscheidende Spiel um Platz Eins vor der Brust hatte.
„Auch das Vereinsleben hat einen Shutdown erlebt“, beschreibt Matthias Alver, der als hauptamtlicher Jugendkoordinator für alle Trainer verantwortlich ist, die Situation. Nach dem Schock seien die Sorgen aus sportlicher Sicht erstmal nicht ganz so groß gewesen. Priorität hatte ganz klar die Gesundheit der gesamten BC-Familie. „In einem zweiten Schritt stand dann die Umsetzung verschiedener arbeitsrechtlicher Schritte bei Trainern und Spielerinnen an, um unserer finanziellen Verantwortung gerecht zu werden.“, so Pohland.
Kreativität ist gefragt!
Doch wie schaffte man es trotz zahlreichen Einschränkungen weiterhin Kontakt zu den Vereinsmitgliedern zu halten und ihnen ihren Lieblingssport Basketball nach Hause zu bringen? Das erste Stichwort hier lautet Mailaustausch! Die einzelnen Trainer verschickten über ihre Mailverteiler Trainingspläne sowie Links zu verschiedenen externen Video-Workouts, bis man schließlich beschloss: Lasst uns selbst Workouts auf YouTube hochladen! Trainer*innen und Spieler*innen aus den eigenen Reihen drehten zehn- bis zwanzigminütige Clips mit Übungen zum Thema Athletik, Ballhandling und Defense. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. „Die Resonanz war sehr gut“, freut sich Alver und ergänzt, wie wichtig das Videoprojekt für die mittlere Phase des Shutdowns war. Hellkötter stimmt dem zu und lobt alle Vereinstrainer*innen für ihr Engagement: „Das war überhaupt nicht selbstverständlich. Das gelingt noch nicht mal jedem professionellen Lehrer.“
Lockerungen: Chance und Herausforderung zugleich
Am 11. Mai folgte dann der erste Lichtblick. Das Georg-Gaßmann-Stadion öffnete wieder seine Tore und ermöglichte es, mit Einschränkungen im Freien zu trainieren. „Auf der einen Seite war das natürlich eine riesen Chance, andererseits aber auch eine neue Herausforderung“, gesteht Alver. „Abstand halten, keine Begrüßungsrituale, kein Teamtraining. Das ist für Teamsportler sehr schwierig.“, fügt Hellkötter hinzu. Frank Arnold, Co-Trainer des Erstligateams, Koordinator und hauptamtlicher Individualtrainer des Mädchen Basketball Leistungszentrums, genoss die Möglichkeit endlich wieder mit den Spieler*innen persönlich zu trainieren: „Besonders an den konditionellen und individuellen Fähigkeiten konnte man trotz den Anordnungen gut arbeiten.“ Einige Ausnahmeregelungen erlaubten sogar, dass Profisportler*innen und Spieler*innen mit Nationalkaderstatus bereits die Halle für individuelles Training nutzen durften.
So beispielsweise die Erstligaspielerinnen Maria-Angelina „Mali“ Sola und Tonisha Baker, die sich riesig über diese Möglichkeit gefreut haben. „Hauptsache Basketball!“ war Solas erste Reaktion auf die neuen Regelungen, „Man musste natürlich ausreichend Abstand halten und hat sozusagen zwar für sich alleine, aber trotzdem mit den anderen zusammen in der Halle trainiert. Das war fürs Erste echt cool!“.
Als das Land Hessen ab dem 11. Juni Kontaktsport bis zu zehn Personen und unter Beachtung der Hygieneregeln ermöglichte, war das ein riesiger Schritt Richtung Wiederaufnahme des normalen Basketballtrainings. Obwohl auch das Training noch immer nicht leicht umzusetzen ist, sind alle glücklich, wieder zurück auf dem Spielfeld zu sein. „Es ist super, dass wir jetzt auch wieder mit Kontakt trainieren dürfen“, so Baker. Die US-Amerikanerin wird kommende Saison das achte Mal für die Blue Dolphins auf Korbjagd gehen.
Rückblick und Ausblick auf die kommende Saison
Rückblickend ist Vereinspräsident Oliver Pohland ziemlich zufrieden mit der bisherigen Bewältigung der Krise. „Bis jetzt haben wir die aktuellen Herausforderungen zufriedenstellend überstanden und können nur hoffen, dass es auch so bleibt. Zudem haben unsere wichtigsten Sponsoren frühzeitig ihr weiteres Engagement signalisiert. Das ist klasse! Auch unsere Mitglieder, egal ob aktiv oder passiv, sind alle noch an Bord“, freut sich der Präsident.
Lediglich, wenn es um die Aussichten auf die kommende Saison geht, steht weiter ein großes Fragezeichen im Raum. Christine Hellkötter bleibt aber optimistisch „Wir werden sicherlich flexibel bleiben müssen. Dann kommen wir auch weiter gut durch.“
Dana Beszczynski, der neue Bundesliga-Coach, bereitet die Blue Dolphins bestmöglich vor, um jederzeit leistungsfähig sein zu können. Über Videokonferenzen, WhatsApp und E-Mail ist er mit den Spielerinnen von Österreich aus in Kontakt geblieben. Das Team hat sowohl ein Kraft- als auch ein Wurfprogramm für den Sommer bekommen. Mali Sola und auch der Rest des Teams, welches im Kern fast gleichbleibt, kann den Saisonstart kaum erwarten: „Wir sind alle echt heiß auf die neue Saison und ich denke, dass wir einiges vom letzten Jahr wiedergutmachen werden!“.
Schritt für Schritt zurück in die Normalität bleibt also weiterhin das Motto des Traditionsclubs. Jetzt stehen zunächst einmal die Sommercamps des BC Marburg auf dem Programm, die mit reduzierter Teilnehmerinnenzahl und einem ausgearbeiteten Hygienekonzept stattfinden werden. „Gerade das Minicamp bietet den unglaublich belasteten Familien ein ersehntes Betreuungsangebot.“, argumentiert Frank Arnold.
Ansonsten kann man den Verein gerne in vielfältiger Hinsicht unterstützen, sei es organisatorisch, mit Humanpower, finanziell oder natürlich mit einem Wiedersehen in der Halle beim ersten Heimspiel der Blue Dolphins!
*Kurz nach dem Verfassen des Blogbeitrags gab die DBBL bekannt, dass die Saison 2020/21 der Damen Basketball Bundesligen am 24. Oktober 2020 starten wird.
Fotos: Peter Voeth
Links:
Hier kommt ihr zur Vereinswebsite des BC Marburg.
Die im Beitrag angesprochenen Video-Workouts, kann man sich hier ansehen.