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Influencer-Leben in Marburg: der etwas andere Studierendenjob
30.09.2020 Luzie Hegele

Influencer-Leben in Marburg: der etwas andere Studierendenjob

Lydia Huth ist 24 Jahre jung und kam 2014 zum Studieren nach Marburg. Wie viele andere Studierende verdient sie sich durch eine Nebentätigkeit Geld dazu. Allerdings nicht mit einem typischen Studentenjob, wie dem Kellnern in einem Restaurant oder Café. Nein, Lydia teilt auf ihrer Instagram Seite @lydiarhababer Bilder aus ihrem Leben – und hat sich damit ihr eigenes Business aufgebaut.

Mittlerweile verfolgen über 40 Tausend Nutzer:innen Lydias Posts auf der Social Media Plattform. Bildlich vorgestellt bedeutet das: halb Marburg interessiert sich für das Leben der Studentin. Ihre Inhalte sind vielseitig und drehen sich darum, wie schön der Alltag mit seinen großen, aber auch kleinen Momenten sein kann. „An dem einen Tag teile ich, wie ich in eine Pfütze springe, am nächsten erzähle ich etwas über meine liebsten Nagellacke“, so die Bloggerin.

Lydia Huths Instagram Profil zählt über 40 Tausend Follower.

Immer wieder auftretende Themen in ihrem Instagram-Blog sind Handlettering, Stricken, Essen, Nachhaltigkeit, Fashion und Marburg.

Beim ersten Blick auf Lydias Profil sticht der Name ihres Wohnortes direkt neben ihrem eigenen ins Auge. Sie hat sogar ein eigenes Hashtag geschaffen, um alle Postings mit Bezug zur Universitätsstadt für sich und ihre Follower zu sammeln. Unter #rhabarburg finden sich mittlerweile über 150 Postings zu ihren Lieblingsplätzen, Restaurantempfehlungen und Geheimtipps aller Art.

Der große Marburg-Anteil, der in Lydias Profil einfließt, spiegelt sich auch in ihrer Zielgruppe wieder. „Viele Ex-Marburger:innen folgen mir und freuen sich, wenn sie altbekannte Ecken in meinen Fotos wiedererkennen“, schildert die Studentin. Nicht selten bekommt sie Nachrichten von Nutzer:innen, die sich aufgrund ihrer Marburg-Fotos für einen Ausflug an die Lahnstadt entschieden haben. Aber auch eingesessene Marburger:innen und Bewohner:innen aus dem Umland meldeten schon zurück, dass sie die Stadt durch Lydias Augen ganz neu entdecken.

Ein Kommentar unter einem von Lydias Postings.

Aus dem Siegerland nach Marburg – von „Schuh-Bildern“ zur professionellen Bloggerin

Dabei ist die 24-Jährige eigentlich ziemlich zufällig an die Lahn gekommen. Lydia Huth kommt ursprünglich aus dem Siegerland. Für ihr Studium wollte sie, gemeinsam mit ihrem langjährigen Partner, weg von Zuhause und so landete sie in der Grimmstadt. Zunächst hat es etwas gebraucht bis die beiden sich in ihrer neuen Stadt einlebten, aber mittlerweile hat Marburg sie mit seinem mittelalterlichen Charme und den netten Bewohner:innen um den Finger gewickelt. „Mein Herz geht auf, wenn ich zurück nach Marburg fahre, und von der B3 aus das Schloss auftaucht“, so die Zugezogene.

Mit ihrer Zeit in Marburg begannen auch Lydias erste Interaktionen auf Instagram. Schon immer begeistert von der Ästhetik schöner Dinge und der Plattform Pinterest beschloss sie: „Das kann ich auch!“. Gesagt, getan. Auf ihrer Seite @lydiarhababer (der Namenzusatz stammt übrigens von einer früheren Haarfarbe) teilte sie erste Fotos - noch ohne irgendeine Intention, damit später einmal Geld zu verdienen. Ihr liebstes Motiv: Ihre Schuhe! „Ich habe damals in einem Schuhladen in der Oberstadt gejobbt und auch sehr gerne nach meiner Schicht selbst dort eingekauft“, gesteht die Bloggerin schmunzelnd. Zu den Schuh-Bildern kamen dann weitere Outfit-Posts und schließlich Fotos von all dem „Gedöns“ - wie die Studentin ihre Inhalte liebevoll nennt - was sie sonst noch so beschäftigt.

Letzten Sommer explodierte Lydias Instagram-Account dann förmlich. Während ihres Brighton-Trips knackte sie die 10 Tausend Follower. „Täglich kamen 100 neue Leute dazu!“, erinnert sich die Studentin, deren Reichweite sich mittlerweile vervierfacht hat.

Kooperationen und PR-Geschenke: es ist nicht alles Gold, was glänzt

Auch erste Unternehmen wurden auf Lydias Postings aufmerksam und erkannten in ihr eine mögliche Kooperationspartnerin. Dass Firmen Personen mit hoher Reichweite zu ihren Markenbotschafter:innen machen, um so Werbebotschaften an den Mensch zu bringen, sogenanntes Influencer-Marketing, ist schon lange zum festen Bestandteil in der Werbebranche geworden. Aber Lydia weiß: es ist nicht alles Gold, was glänzt. Besonders Barter-Deals, bei denen Unternehmen kostenlos Produkte zur Verfügung stellen, sieht sie skeptisch. Von außen wirke es, als würde der/die Blogger:in Geschenke bekommen. Diese müssen allerdings ab einem bestimmten Produktwert versteuert werden und sind unter dem Strich keine „richtige“ Vergütung. „Man arbeitet quasi ohne Bezahlung“, kritisiert Huth.

An ihre erste bezahlte Kooperation letztes Frühjahr kann sich Lydia noch lebhaft erinnern. Für eine Soja-Joghurtalternative warb sie mit Bildern und Stories auf ihrem Instagram-Account, der damals noch knappe 7000 Follower zählte. „Das war schon aufregend!“, blickt die 24-Jährige auf ihre Anfänge als Influencerin zurück.
Heute ist sie schon routiniert, wenn es um die Zusammenarbeit mit Unternehmen geht. Auf Mailanfragen, die bei ihr eingehen, antwortet Lydia mit einem Angebot oder lehnt ab. Denn ihr ist wichtig, dass sie authentisch bleibt. „Ich teile nur Produkte und Dienstleistungen, die mich und meine Zielgruppe wirklich interessieren und überzeugen“, verrät sie.
Wenn vereinbart wurde, wer was vom Gegenüber möchte, wird ein Vertrag aufgesetzt. Nach dem sogenannten Briefing (engl. Einweisung), produziert Lydia dann die besprochenen Inhalte und schickt diese zur Freigabe. Im Anschluss an die Veröffentlichung der Medien, erhält das Unternehmen dann noch die Statistiken der Postings, um zu überprüfen, wie erfolgreich die Kooperation war.

Auch mit Marburger Firmen hat die Studentin bereits zusammengearbeitet. „Erst neulich durfte ich beim aroma in der Bahnhofstraße einen Blick hinter die Kulissen der Eisproduktion werfen“, erzählt sie. Auch kochanow, Mudda Natur und das Café wertvoll am Steinweg tauchen immer wieder in ihrem Profil auf. Allerdings eher aus persönlichen statt professionellen Gründen. Im Blumenladen kochanow gibt die Studentin ab und zu sogar Workshops zum Thema Handlettering.

„Influencer:in zu sein ist doch kein echter Beruf!“

Mit der Aussage, dass das Teilen von Inhalten auf den sozialen Medien kein richtiger Job sei, werden Influencer:innen nicht selten konfrontiert. „Teil meines Berufs ist es, ihn so aussehen zu lassen, als wäre es keiner“, erläutert die ursprüngliche Siegerländerin. „Meine Follower sehen lediglich, dass ich vormittags brunchen gehe – nicht, wie ich davor zwei Stunden lang Mails beantwortet habe.“ Hinter dem „Influencer-Sein“ steckt nämlich viel mehr als man zunächst denkt. Lydia schätzt ihren Arbeitsaufwand pro Woche auf ca. 30 Stunden. Sie kümmert sich selbstständig um ihre Buchhaltung, produziert und bearbeitet Fotos, kommuniziert mit Unternehmen und formuliert Texte, die ihre Inhalte unterstreichen. „Man hat keine feste Arbeitszeiten und kann daher eigentlich nie abschalten“, merkt sie an.

Was die Zukunft so bringt…

Nichtsdestotrotz ist Lydia aktuell sehr zufrieden mit ihrer Plattform. Die Interaktion auf ihrem Profil beschreibt sie als sehr hochwertig und mit „Hate“ hatte sie bisher kaum zu kämpfen. Die Zukunft lässt die Studentin, die gerade ihre Bachelorarbeit in Erziehungs- und Bildungswissenschaften abgegeben hat, auf sich zukommen. Fest steht nur, dass sie in Marburg an der Lahn ihr neues Zuhause gefunden hat. Hier bringt sie so schnell erstmal nichts weg.

30.09.2020 Luzie Hegele