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Marburger Startup Viez & Töchter:  Genussmomente ohne Nachteile
18.11.2020 Luzie Hegele

Marburger Startup Viez & Töchter: Genussmomente ohne Nachteile

Nach einem langen Tag nach Hause kommen und ein Feierabendbierchen trinken oder mit Freund:innen – aktuell auf Abstand – das Wochenende bei einer erfrischenden Limo ausklingen lassen: Das klingt schon Mal gut. Aber wie wäre es mit einer natürlichen Bio-Alternative, die bei wenig Zucker und kaum Alkohol ein Riesen-Geschmackserlebnis bietet und Made-in-Marburg ist? Das Marburger Getränke-Start-up Viez & Töchter macht das mit ihren fermentierten Teegetränken für Erwachsene möglich!

Zauberwort: Fermentation!

„Ähnlich wie bei Wein und Bier entstehen unsere Getränke durch Fermentation, also Vergärung“, erklärt Holger Sommerlad, der bei Viez & Töchter für die Produktion, Entwicklung und Geschäftsführung zuständig ist. „Dadurch sind wir in der Lage auf natürliche Weise ein Getränk mit vielen Aromen und wenig Alkohol zu erzeugen.“ Denn das Ziel des Marburger Start-ups ist es, Genussmomente ohne die Nachteile wie ein zu hoher Zucker- oder Alkoholgehalt zu kreieren. Ein weiterer Vorteil: Fermentation ist ressourcenschonend. Nicht künstlich erzeugte Aromen und Zusatzstoffe, sondern tausende kleine Mikroorganismen sorgen für den einzigartigen Geschmack, der durch die Zugabe von hochwertigen Bio-Direktsäften und Kräutern abgerundet wird.

Der Weg zum eigenen Start-up: Ungeplant selbstständig

Ursprünglich „tüftelte“ Holger, der in seiner Freizeit selbst leidenschaftlich gerne kocht, an einem Ginger-Bier – ohne den Plan, sich jemals mit einem Getränke-Start-up selbstständig zu machen.
Doch im Marburger Institut für Innovationsforschung und Existenzgründungsförderung, eher bekannt als „MAFEX-Start-up-Lab“ der Philipps-Universität, zeigte man ihm die verschiedenen Förderungsmöglichkeiten auf, die der Bund und die Länder den Jungunternehmer:innen anbieten.

Mit dem „Hessen Ideen Stipendium“, einem 6-monatigen Stipendienprogramm für gründungsaffine Hochschulangehörige und -absolvent:innen, die sich in einer frühen Phase der Ausarbeitung einer innovativen Geschäftsidee befinden, sicherte sich Holger Anfang 2019 gemeinsam mit seinem ehemaligen Partner tatsächlich eine Förderung des Landes. Doch die Richtung, in die sich sein Ginger-Bier-Proto-Typ entwickelte, sagte ihm nicht mehr zu: „Die Cocktail-Industrie gefiel mir nicht wirklich und mit dem Ginger-Bier fehlte mir die Vielfalt an Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Variationen.“ Als sein Partner durch einen Umzug aus dem Unternehmen ausschied, besann er sich darauf, was er selbst mag und erschaffen möchte. „Ich sehe eine Zukunft der Gesellschaft mit weniger Alkohol“, verrät Holger. Mit seiner neuen Idee, die er mit Viez & Töchter verwirklicht, möchte er Teil dieser Vision sein: „Wir wollen nicht einfach den Geschmack von beispielsweise Wein ‚nachbauen‘ und den Alkohol weglassen, sondern ein eigenes alleinstehendes Produkt auf den Markt bringen!“

„Teamwork makes the dream work“

Um das zu verwirklichen, arbeiten bei Viez & Töchter noch Johanna Quendt und Fabian Schütter mit. Kennengelernt hat sich das dreiköpfige Team über das „Hessen-Ideen“-Netzwerk. Gemeinsam beantragte man Ende 2019 erfolgreich das EXIST-Gründer:innenstipendium des Bundes. Während Fabian sich aus Köln um das Marketing des Start-ups kümmert, ist Johanna für die Teamprozesse, Personal und den Workflow zuständig. Aktuell hat das Jungunternehmen zwei Praktikant:innen in der Produktion und eine im Marketing.

Ein funktionierendes Team ist bei einer Existenzgründung extrem wichtig. „Die häufigste Ursache für das Scheitern von Neu-Gründungen ist elementarer als viele vermuten. Ein nicht funktionierendes Team, in dem die Gründer:innen verschiedene Vorstellungen haben und denen nachgehen, führt am öftesten dazu, dass ein Start-up auseinanderbricht“, berichtet Holger.

Bei Lebensmittel-Start-ups ist zudem das Finden und Finanzieren einer Arbeits- und Produktionsstätte, welche die Hygienevorschriften erfüllt, eine riesige Hürde. Die Manufaktur von Viez & Töchter befindet sich in Goßfelden. Dort dürfen Holger und sein Team miet- und nebenkostenfrei in der Halle von Peter Kräske, der ebenfalls Gesellschafter der Viez & Töchter GmbH ist, ihre Getränke entwickeln. „Die eigene Manufaktur bietet uns einen großen Vorteil“, sagt Holger. „Uns ist es möglich, auch kleine Mengen zu produzieren und viel auszuprobieren. Andere Getränke-Start-ups können sich bei einem Abfüller nur eine große Menge erzeugen lassen und setzen somit viel auf eine Karte.“

Im Sommer wurden die ersten beiden fermentierten Teegetränke dann der Öffentlichkeit präsentiert. Bei „Frau Friedrich“ am Friedrichsplatz konnte man sich die Bio-Drinks in einer Testphase von knapp einem Monat ausschenken lassen. Außerdem bekam das Team auf einem Kleinkunstmarkt viele Rückmeldungen zu „Hilde“ und „Senja“, wie die ersten zwei „Töchter“ liebevoll getauft wurden. Denn bei Viez & Töchter bekommen alle Getränke weibliche Vornamen.

Viez und Töchter wie Feiern und Feminismus

„Viele reden sich ein, dass wir bereits in einer gleichberechtigten Gesellschaft leben, doch das ist noch lange nicht der Fall“, bringt Holger an. Mit dem Namenszusatz „& Töchter“ spielt das Start-up mit dem typischen „& Söhne“, das man oft bei Handwerksbetrieben sieht. Denn: „Warum immer nur die Söhne“, scherzt der Gründer. Das davorgestellte „Viez“ ist eine moselfränkische Bezeichnung für Gärgetränke im Allgemeinen. „Das Wort an sich hat uns auch einfach gut gefallen. Es klingt nach Fete, Feierabend, guter Laune – und das ist schließlich das, was wir mit unseren Getränken bewirken wollen.“

Zukunft: Für und mit der Community entwickeln

Ab nächstem Jahr soll man Testpakte bestellen können, die alle zwei Monate zwei bis drei neue Produkte mit neuen Strukturen und Fermentationsgrundlagen beinhalten. Daraufhin können die Kund:innen Feedback geben. „Wir wollen für und mit unserer Community gemeinsam Neues entwickeln“, so Holger. „Denn als eigene Manufaktur können wir darauf eingehen. Wir machen alles selber: von der Fermentation über die Abfüllung bis zur Auslieferung.“

Jetzt in der Vorweihnachtszeit möchte das Start-up erstmals eigenes Geld verdienen. Die Töchter „Lilo“ und „Romi“ sind Sektalternativen mit wenig Alkohol (2,5% vol.), die jeden gemeinsamen Abend versüßen – wobei… auch Zucker ist ja kaum darin enthalten. Wie das Etikett eben sagt: Genuss ohne Reue! Die prickelnden Tee-Getränke können auf der Website von Viez und Töchter vorbestellt werden. Ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk: innovativ, nachhaltig und Made-in-Marburg!

 

Links:

Hier kommt ihr zur Website von Viez & Töchter. Dort erfahrt ihr mehr über den Fermentationsprozess und viele weiter Hintergrundinfos zum Marburger Start-up.

Die Instagram-Seite von Viez & Töchter findet ihr hier.

 

Bilder

18.11.2020 Luzie Hegele