Zugang anfordern
Urban Legends – Parken in Marburg
21.05.2021 Andreas Frischholz

Urban Legends – Parken in Marburg

Parkplätze. Immer wieder Parkplätze. Es ist eines der Themen, das die Marburger:innen permanent umtreibt und zur Weißglut bringt. Der – vermeintliche oder tatsächliche – Mangel an Parkplätzen in der Marburger Innenstadt ist einer der Hauptkritikpunkte an Marburg, den wir regelmäßig hören.

Es gibt zu wenig Parkplätze in Marburg?
Deutsche Autofahrer:innen verbringen pro Jahr durchschnittlich 41 Stunden mit der Parkplatzsuche. Glaubt man den Social-Media-Kommentaren bei Marburger Themen rund um Verkehr, ist in Marburg jedoch alles viel schlimmer als woanders. Klar ist: Parkplätze sind, gemessen an Stadtgröße, Einzugsgebiet und Bevölkerungszahl per se ausreichend vorhanden. Allein in den innerstädtischen Parkhäusern sind an nahezu 365 Tagen im Jahr irgendwo noch Parkplätze frei. Nutzt man das Parkleitsystem, findet man diese auch zuverlässig.

Wie finde ich meinen Parkplatz?  
Voll durchdigitalisiert ist Marburg an dieser Stelle noch nicht. Aber es ist allen möglich, sich vor Fahrtantritt direkt rechts auf der Webseite der Stadt oder der Stadtwerke in Echtzeit über freie Parkplätze in den Parkhäusern zu informieren. Ist man bereits auf Kurs Richtung Marburg, wird man schon auf der „Stadtautobahn“ vom Parkleitsystem an die Hand genommen und zielsicher zu den Parkhäusern mit freien Parkplätzen geleitet. Unser Pro-Tipp: Wer auf Nummer sicher gehen und der Innenstadt seine Abgase ersparen will, steuert einfach direkt die Parkhäuser „Erlenringcenter“ oder „Marktdreieck“ an. Da gibt es bei 689 Parkplätzen immer noch einen freien Platz. Die sieben Minuten Fußweg zum Oberstadtaufzug werden mit einem wunderschönen Blick auf das Marburger Schloss belohnt und dem guten Gewissen, wieder ein paar Schritte für die eigene Gesundheit getan zu haben.

Was übrigens das Parken nochmals vereinfacht: das bargeldlose Bezahlen per App („Smartparking“). Es gibt diverse Anbieter, eine Übersicht gibt es hier. Der Vorteil: Durch die App kann man genau so lange zahlen, wie man auch parkt. Und wenn es doch mal länger dauert, kann man die Zeitspanne ohne Probleme am Handy verlängern.

Das Pilgrimstein-Parkhaus im Steinweg: Ein perfekter Startort für einen Oberstadt-Bummel. Foto: Marburg Stadt und Land Tourismus GmbH 

Es gibt bei der Verfügbarkeit von Parkflächen in den Parkhäusern an fünf Tagen im Jahr Ausnahmen: An den Adventssamstagen oder dem Freitagabend bei Marburg by Night geht in den Parkhäusern zeitweise wirklich nichts mehr. Analysen über längere Zeiträume zeigen, dass in„normalen“ Monaten wie dem September oder Oktober selbst in den Stoßzeiten immer etwas frei ist.

Es sind in Wahrheit viel mehr!      
Wie viele Parkplätze gibt es nun in den Parkhäusern der Marburger Innenstadt? Das haben wir in unserem monatlichen #MarburgRätsel gefragt. Die Antwort lautet: 1916 – so viele Autos können in den Parkhäusern parken. Am nächsten dran war somit @nicnac2000_, der 1896 getippt hat. Viel Spaß mit deinem 10€-marburgGUTSCHEIN!

Tatsächlich bietet Marburg neben den Parkhäusern noch viel mehr Parkflächen. Es kommen insgesamt noch 1.371 Parkplätze wie der bei den Afföllerwiesen oder dem AquaMar hinzu. Mit Parkscheinautomaten bewirtschaftet werden außerhalb der größeren Parkplätze nochmals 1.229 Stellflächen. Da sie am begehrtesten sind: Wie viele kostenlose Parkplätze gibt es eigentlich? Am Rand der Innenstadt liegen die großen kostenlosen Park & Ride-Parkplätze „Messeplatz“ und „Georg-Gaßmann-Stadion“. Sie umfassen 700 bzw. 462 Parkplätze. Das sind insgesamt 5.688 Parkplätze!

Darüber hinaus liegen uns leider keine Daten vor. In den Stadtvierteln gibt es kostenlose Stellflächen, aber man sollte sich sehr genau überlegen, ob man diese wirklich den Anwohnenden streitig machen muss, die über Anwohnenden-Parkausweise ein Recht auf diese Plätze haben.

Auf die Feinheiten kommt es an   
Warum also so viel Kritik an der Marburger Parkplatz-Situation? Unser Verdacht: Es gibt in Marburg gar nicht zu wenig Parkplätze, sondern –zumindest offenbar für die sich in den Diskussionen Ereifernden– zu wenig Parkplätze, für die man nichts zahlen muss. Ist das jetzt eine böse Unterstellung? Wohl kaum. Es ist völlig natürlich und nachvollziehbar, nichts fürs Parken bezahlen zu wollen. Nur vermutlich wäre die Situation nicht besser, wenn es mehr kostenfreie Parkplätze geben würde. Diese wären einfach nur schlicht umkämpfter und der Parksuchverkehr in Hoffnung auf die begehrten Stellflächen würde weiter zunehmen. Kontinuierlich erhöht sich nämlich die Anzahl der Fahrzeuge auf den Straßen. Und diese werden sogar immer dicker, dem etwas kuriosen Trend zu mehr SUVs in Innenstädten sei Dank. Mehr Fahrzeugsmasse besetzt also denselben Raum.

Regulierend wirkt das Parkgebührensystem der Stadtwerke. In der Tarifzone 1 – also etwa in der Ketzerbach oder an der Bahnhofstraße – dürfen Autos maximal zwei Stunden parken und man zahlt pro 30 Minuten 1 Euro dafür, dass man direkt mit dem Wagen vorfahren darf. Belohnt wird, wer emissionsverträglicher auf dem Parkplatz neben der alten Uni-Bibliothek (Tarifzone 7) parkt. Dort kann man 11 Stunden stehen und zahlt lediglich 30 Cent pro 30 Minuten. 

Warum gibt es nicht mehr Parkplätze in der Innenstadt?        
Die einfache Lösung, werden parkplatzsuchende Aufofahrende nun fragen, wäre dann doch einfach, mehr Parkplätze zu schaffen. Das Problem: In Marburg ist das geographisch nicht möglich. Die Stadt liegt am Hang, es gibt schlicht zu wenig Platz zwischen Bergen, Hügeln und Fluss. So ist der Parkraum in der Innenstadt durch die Lage Marburgs begrenzt, die Flächen sind belegt. Und wer würde schon gerne etwa den Alten Botanischen Garten betonieren oder die Parkplätze in den Straßen der Oberstadt zurück? 

Marburger Oberstadt, Ende der 60er oder Anfang der 70er Jahren

Die Barfüßerstraße in den 1970ern. Entspanntes Einkaufen sieht anders aus! Foto: Wolfgang Pitz

Zudem stellt sich grundsätzlich die Frage: Wie viele Autos möchte man überhaupt in der Innenstadt haben? Verzichten kann und will Marburg als Pendler- und Einkaufsstadt sicher nicht auf den motorisierten Individualverkehr. Menschen vom Land sind auf ihre Autos angewiesen und dürfen nicht benachteiligt werden. Wo und wie viele Autos in bestimmten Bereichen jedoch fahren dürfen, wo Autos parken und wo der Übergang zum ÖPNV erfolgt – das handeln die Städte der Zukunft aus.

Dass neue Konzepte Vorteile bringen, zeigt sich aktuell etwa in Barcelona. Dort werden bestimmte Häuserblocks zur autofreien Zone umgewidmet. Anfangs kritisierten dies die ansässigen Einzelhändler:innen. Doch der Widerstand hat sich mittlerweile gelegt. Denn vor allem kleinere Geschäfte profitierten, weil insgesamt durch die gestiegene Attraktivität der Bereiche mehr Personen zu Fuß gehen oder mit Rad vorbeifahren. Mut zu Experimenten – manchmal lohnt es sich.

 

Erste-Hilfe-Link-Liste:

Eine Karte der Stadtwerke, wo man zum Einkaufen in Marburg parken kann, findet ihr hier.

Hier kommt ihr zur Übersicht der Stadtwerke Marburg über die verschiedenen Parktarife.

Hier kommt ihr zum Parkleitsystem, welches euch anzeigt, wo gerade wie viele Parkplätze frei sind.

Auch die Marburg Stadt und Land Tourismus GmbH hat bereits eine Übersicht zum Parken in Marburg angelegt. Ihr findet sie hier.

Weitere Informationen zum „Smartparking“ findet ihr hier.

21.05.2021 Andreas Frischholz