Zugang anfordern
Nachhaltig & Innovativ: Marburgs eigene Rose zum Stadtjubiläum
10.06.2022 Luzie Hegele

Nachhaltig & Innovativ: Marburgs eigene Rose zum Stadtjubiläum

2022 feiert Marburg 800. Geburtstag! 1222 wurde die Stadt das erste Mal offiziell erwähnt und das wird dieses Jahr mit zahlreichen Veranstaltungen und vielseitigen Projekten zelebriert. Ein ganz besonders davon ist die Marburg800-Rose: Exklusiv gezüchtet, die Eigenschaften der Stadt verkörpernd und fest nach dem Jubiläum benannt ist Marburgs ganz eigene Rose nun 800 Mal limitiert erhältlich.

Eine eigene Rose für Marburg: Das macht nur Sinn!

Der Vorschlag für eine eigene Rose zum Stadtjubiläum kam von Thomas Hilberg, dem Inhaber des Marburger Gartencenters. Als gebürtiger Marburger, der auch seine Schul- und Ausbildungszeit hier verbrachte, hat er eine starke emotionale Beziehung zur Stadt aufgebaut. Neben der historischen Schönheit Marburgs schätzt Hilberg vor allem das Leben und die Leute. „Die überschaubare Größe sowie die Universität machen die Stadt lebendig Es kommt zu einer netten Durchmischung von Jung und Alt, die Marburg gepaart mit dem Schönheits-Aspekt einzigartig macht.“ Seine Marburg-Liebe kam besonders zum Ausdruck, als er vor drei Jahren das Gartencenter Pötschke in der Stephan-Niderehe-Straße übernahm und es in Marburger Gartencenter umbenannte. „So wird das Bekenntnis zur Stadt schon im Namen deutlich“, so Hilberg.


Marburgs Einzelhandel beteiligt sich mit tollen Jubiläumsprodukten beim Stadtjubiläum. Beim Marburger Gartencenter bekommt ihr die Marburg800-Rose.

Für den Inhaber soll das Marburger Gartencenter ein Ort sein, von dem alle profitieren. Und so gehören neben Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit auch eine effektvolle Zusammenarbeit mit den Lieferanten, die einmal im Jahr persönlich besucht werden, zur Unternehmensphilosophie. Während des Besuchs beim Rosenproduzent Gerhard Dräger aus Steinfurth erwähnte dieser dann, dass auch die Generierung spezieller Rosensorten möglich sei. „Das fand ich direkt spannend“, schildert Hilberg, „Eine eigene Rose ist etwas Spezielles. Das bleibt im Kopf.“ Mit der Information trat er dann an Stadtmarketing Geschäftsführer Jan Röllmann und im Gespräch wurde schnell klar: Eine Marburg800-Rose zum Stadtjubiläum wäre ein durch und durch schlüssiges Projekt. Auch die Stadt war schnell begeistert von der Idee. „Sie ist ein perfektes Präsent mit Stadtbezug“, erklärt Celia Meggers vom Fachdienst Stadtgrün. „In Lübeck gibt es Marzipan, in Nürnberg Lebkuchen und Marburg bekommt jetzt seine Rose!“ Die Verbindung zwischen Marburg und der Rose bestehe schließlich allein schon durch die Legende vom Rosenwunder der heiligen Elisabeth.

Das Rosenwunder der heiligen Elisabeth

Elisabeth war die Tochter des Königs von Ungarn. Im Alter von gerade einmal vier Jahren wurde sie schon dem Landgrafen Ludwig von Thüringen zur Frau versprochen. Doch der Luxus und die Verschwendung am Hof der Wartburg missfielen der jungen Fürstin. Sie wollte den Armen und Kranken helfen und nutze die Güter des Grafen, um das Leid des Volkes zu lindern. Dafür erntete sie von der vornehmen Gesellschaft Kritik – vor allem von Ludwigs Bruder Heinrich. Es wurde Elisabeth fortan verboten, Lebensmittel zu verteilen. Doch sie trotze den kaltblütigen Regeln des Hofes. Mit einem Korb voller Brote auf dem Weg ins Dorf erwischte der Misstrauische sie der Legende nach eines Tages und fragte sie, was sie da bei sich trage. „Rosen, mein Herr“ antwortete Elisabeth und wie sie das Tuch wegschlug, fanden sich dort tatsächlich nur duftende Rosen.

Mit dem Auftrag einer eigenen Rosensorte wandte sich Hilberg dann wieder an den Rosenproduzenten. Kurze Zeit später präsentierte Gerhard Dräger den ersten Entwurf für die Marburg800-Rose. „Es war eine wunderschöne Pflanze: Geschlossen, rot und stabil“, erinnert sich Thomas Hilberg. Doch für die Universitätsstadt Marburg fehlten noch entscheidende Aspekte. Der erste Entwurf der Rose war zwar bereits wunderschön und vital wie die Stadt. Die Verbindung zu den Stadtfarben fehlte und in Sachen Nachhaltigkeit kam die Rose noch nicht an den Standard Marburgs. Das Feedback lautete, die Marburg800-Rose müsse bienenfreundlich und torffrei gezogen sein. „Das sind Dinge, die man nicht einfach so aus der Kiste zieht“, weiß Rosenproduzent Gerhard Dräger.

Das gab es so noch nie: eine torffreie Innovation entsteht

Doch die Beteiligten nahmen die Herausforderung an. Schließlich stehen auch Hilberg und Dräger hinter umweltschonende Methoden und halten Insektenfreundlichkeit sowie den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen vor dem akuten Klimakontext für sehr wichtig. Die Aufgabe war jedoch alles andere als leicht. „Dass jemand eine größerer Menge Rosen in torffreier Erde kultiviert, gab es deutschlandweit noch nie.“, führt Hilberg vor Augen. Der Abbau von Torf aus Hochmooren zerstört die Lebensräume vieler Pflanzen und Tiere und ist auch für das Klima schlecht. Häufig wird torfhaltige Erde jedoch verwendet, da sie viel Wasser speichern kann und strukturstabil ist. Der Versuch einer torffreien Kultivierung hätte also auch ganz schön in die „Rose“ gehen können. „Aber auf dieses Risiko ließen wir uns ein.“, so Hilberg.

Gerhard Dräger begab sich also auf die Suche nach einer neuen Rosensorte. Der 58-jährige Rosenproduzent ist im elterlichen Betrieb in Steinfurth groß geworden und übernahm nach seinem Meister die Rosenzucht seines Vaters, als dieser in Rente ging. In einem langjährigen Prozess baute er den reinen Produktionsbetrieb hin zu Topfrosen und Endverkäufen an Baumschulen und Gartencenter aus. Seiner Schwester, Manuela Dräger, gehört übrigens der für seine Schönheit bekannte Rosenpark auf der anderen Seite Steinfurths. Und auch die nächste Generation steht schon in den Starlöchern: Drägers Sohn ist bereits fertig mit seiner Ausbildung und tüftelt bereits an neuen Rosensorten. Kurz gesagt: Eine Familie im Dienste der Rosen.

Der RosenPark Dräger ist für seine Schönheit weit über Steinfurth bekannt.

Trotz aller Anforderungen wurde Dräger in der renommierten Rosenschule W. Kordes' Söhne fündig. Mit dem dortigen Züchter Thomas Proll, der in der Szene auch als „Rosenpapst“ bekannt ist, pflegt er engen Kontakt. Die ausgewählte Sorte wurde bei Kordes mehrere Jahre getestet, bevor Dräger ihm alle insgesamt fünf Pflanzen exklusiv abnahm. Diese galt es nun so schnell wie möglich zu vermehren. Der Standardweg der Produktion war nicht möglich. „Das dauert nämlich eigentlich drei Jahre“, so Dräger.

Wie generiert man eigentlich eine neue Rosensorte?

Eine neue Rosensorte fängt mit der Züchtung an. Der Pollen der Mutter- oder Vatersorte wird gezielt auf den Stempel aufgebracht, sodass sich eine Hagebutte bildet. Diese beinhaltet mehrere Samen, je nach Sorte ca. 10-100, welche ausgesät werden. Genetisch sind alle Samen unterschiedlich. Aus der Aussaht kann man sich eine Sorte aussuchen, die man als vielversprechend einstuft.

Nun folgt die Okulation, damit sich das Erbgut nicht mehr verändert. Man entnimmt der ausgewählten Sorte Teile von den Trieben und pflanzt sie in wilde Rosen. Das sogenannte Reisermaterial aus den Trieben wird entblättert und entdornt. Hinter den Blättern sitzt ein „Auge“, in dem die Erbinformationen gespeichert sind. Daraus kann ein neuer Trieb entstehen. Im Fall der Marburg800-Rose wurde das „Auge“ aber abgeschält, in die Wurzel einer wilden Rose eingesetzt und verschlossen. So man erzeugt quasi einen Klon.

Dieser Vorgang erfolgte im letzten Sommer. Im Winter konnte man die Pflanzen dann in die Töpfe einsetzen.

800 Rosen für 800 Jahre Marburg: Ein Marketing-Schachzug?

Die limitierte Anzahl 800 entspringt also keinesfalls einer Marketing-Strategie der künstlichen Verknappung – auch, wenn man das meinen könnte. „Es ist ein Wunder, dass wir überhaupt 800 Rosen zusammenbekommen haben!“, schildert Dräger. Außerdem freut er sich besonders darüber, dass die Marburg800-Sorte das teils schlechte Image der Rose widerlegt: „Rosen haben immer noch den Ruf sie seien aufwendig, oft ungesund und man müsse sie spritzen. Als Rosenproduzent will ich genau dieses Bild verändern, deswegen suche ich nach Sorten, die Bestand haben.“

Mit der Marburg800-Rose ist das mehr als gelungen. Die Beetrose vereint nun alle Eigenschaften, die von einer modernen Rose heutzutage erwartet werden: Eine unverwüstliche Gesundheit sowie den extravaganten Look gestreifter und doch natürlicher Blüten, die den Blick auf goldgelbe Staubgefäße freigeben und Bienen und andere Insekten zum Pollenbad einladen. „Die Einsatzmöglichkeiten der Rose sind sehr vielfältig - sie kann sowohl in einem Kübel auf der Terrasse oder dem Balkon, als auch im Beet gepflanzt werden. So hat jede:r Interessierte die Möglichkeit, eine Marburg800 Rose zu ergattern.“, ergänzt Celia Meggers vom Fachdienst Stadtgrün. „Der erste Rosenentwurf war schon gut, aber jetzt haben wir etwas Einzigartiges geschaffen, was uns dauerhaft mit der Stadt verbindet“, stimmt Thomas Hilberg ein. „Dass uns die Kultivierung von Pflanzen in einer großen Menge auf nicht torfhaltigen Substrat geglückt ist, ist zwar vielleicht nicht, als wäre man zum Mond geflogen, aber dennoch eine Innovation!“


Die Marburg800-Rose ist ab sofort beim Marburger Gartencenter zu erwerben.

Namenstaufe: Bürgermeisterin Nadine Bernshausen wird Patin

Nun soll der Rose in der Stadt eine Bühne gegeben werden. Celia Meggers ist mit dem Fachdienst Stadtgrün dafür verantwortlich und verrät: „Die ersten zwei Grünanlagen am Pilgrimstein und Hansenhaus wurden bereits bepflanzt.“ Das Rosenbeet im Schlosspark ist als nächstes dran. „Das braucht allerdings noch etwas Zeit“, so Meggers. Auch im Botanischen Garten findet man ein paar Exemplare.

Am 01. Juni wurde die Pflanze offiziell getauft, die Patenschaft wird in den kommenden Wochen von Marburgs Bürgermeisterin Nadine Bernshausen übernommen. Als „Marburg800-Rose“ ist sie jetzt im Marburger Gartencenter erhältlich. Erstes Feedback kam bereits zurück und fiel sehr positiv aus, berichtet Thomas Hilberg: „Die Kund:innen finden die Idee und auch die Rose sehr schön!“

Die Oberhessische Presse war bei der Taufe der Marburg800-Rose für euc live vor Ort mit dabei.

Dank des geschilderten Engagements und der tollen Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen hat Marburg so zum Stadtjubiläum also sein zweites kleines Rosenwunder bekommen: Eine einzigartige torffreie und wunderschöne Marburg800-Rose. Die originale Geschichte des Rosenwunders der heiligen Elisabeth wird übrigens in dem offiziellen Marburg800-Theaterstück "800 (Das Theaterstück) oder Rosenwunder premium reloaded“ ab dem 11. Juni aufgeführt. Mehr Infos dazu findet ihr hier.

 

Links:

  • Hier kommt ihr zur offiziellen Website des Stadtjubiläums Marburg800.
  • Hier kommt ihr zur Website vom Marburger Gartencenter.
  • Mehr über den RosenPark der Drägers in Steinfurth findet ihr hier.

 

Bilder

10.06.2022 Luzie Hegele